Gestern hat mir meine Tochter am Telefon beiläufig von einer kleinen Begebenheit erzählt, die für mich aber Symbolcharakter hat: Morgens auf dem Weg zu ihrer Arbeit stockte der Verkehr, weil auf der Fahrbahn ein Auto stehengeblieben war und ein Hindernis darstellte, um das sich die anderen mühsam herumschlängeln mussten. Als meine Tochter in Sichtweite kam, erkannte sie, dass der Fahrer des Pannenautos mit einem Überbrückungskabel in der Hand neben seinem Wagen stand und verzweifelt versuchte, andere Autofahrer zum Anhalten zu bewegen. Doch keiner hielt an…
Leider ist dies immer noch ein Charakteristikum unserer Zeit: Diese Gleichgültigkeit, dieses Wegsehen, wenn jemand Hilfe braucht. Entweder nimmt man solche Hilfsansinnen gar nicht wahr, oder man verschließt bewusst die Augen davor. „Sollen doch die anderen helfen“, denkt man, doch wenn das alle denken, hilft eben keiner.
Möglicherweise empfinden die vorbeifahrenden Autofahrer sogar Mitleid, nach dem Motto: „Der Ärmste, wie gut, dass mir das nicht passiert ist.“ Andere reagieren innerlich vielleicht eher selbstgerecht oder schuldzuweisend: „Tja, wenn man sein Auto regelmäßig checken lässt, passiert so etwas nicht.“ Oder man hat prima Ausreden vor sich selbst: „Ich würd ja gern anhalten, aber ich bin so in Eile…“
Dieses nicht helfen wollen oder können lässt sich auch in vielen anderen Lebensbereichen erkennen, bis hin zu den großen Problemen unserer Welt. Auch da wo es um Ungerechtigkeit, um Hunger, Ausbeutung oder Unterdrückung der Schwachen geht, sehen viele weg. Andere analysieren, diskutieren das Problem, suchen nach Rechtfertigung, nennen Ursachen und Schuldige, erheben Statistiken zum Ausmaß des Problems, treffen Vorhersagen, wie es sich weiter ausdehnen wird, und vieles mehr.
Doch wer hilft? Der einzelne in der Masse denkt, er kann ohnehin nichts machen. Der Politiker würde ja helfen, aber er hat die verschiedensten Interessen zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen… Und der Kritiker ereifert sich nur und prangert die Schuldigen an.
Ich weiß, diese zwei Beispiele beschreiben Probleme völlig unterschiedlicher Größenordnung. Doch alles spiegelt sich in allem, wie im kleinen so im großen, lautet eine spirituelle Weisheit. Und eine weitere besagt: Wenn man etwas will, zeigen sich auch Möglichkeiten, wie man das erreichen kann. Somit: Wer helfen will, der kann es auch.
Meine Tochter erzählte mir dann weiter, dass sie – obwohl auch in Eile – dem Fahrer helfen wollte. Als sie nahe genug herangekommen war, nahm sie Blickkontakt auf und fragte durch Zeichen, ob sie anhalten sollte. Er nickte und bat dann um „Überbrückungs-Starthilfe“. Sie müsste gar nichts tun, nur ihre Motorhaube öffnen. Dann überbrückte der Fahrer kurz von Batterie zu Batterie, startete seinen Wagen, bedankte sich erleichtert, und beide fuhren weiter. Eine kleine Sache von wenigen Minuten, die jeder andere genauso leicht tun hätte können. Nur muss es eben jemand tun.
Ich bin stolz auf dich, Tina, dass du hingesehen und geholfen hast. Ich bin auch glücklich, dass es immer mehr Menschen gibt, die ebenfalls hinsehen und helfen, egal um welche Probleme ihrer Mitmenschen es sich handelt. Und oft ist es tatsächlich leichter zu helfen, als man denkt. Oft genügt wirklich nur eine Art Starthilfe, sei es praktisch oder mental, die dem anderen ein „Weiterfahren“ auf der Straße des Lebens ermöglicht, wenn er einmal allein nicht weiter kommt.
Und was die großen Probleme unserer Welt betrifft: Auch hier bedarf es vielleicht nur einer Starthilfe, damit sich alles zum Besseren hin bewegt. Keiner kann und muss diese alleine leisten. Keiner kann und muss allein die Welt retten. Aber wir alle zusammen können es. Indem wir hinsehen, helfen wollen und dadurch erkennen, auf welche Weise wir helfen können. Und wir werden sehen, es wird ganz einfach sein.
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Hierzu noch eine schöne Geschichte aus dem Buch Wenn alle Menschen Freunde wären….. – Dein Beitrag für eine bessere Welt
Es handelt sich dabei um die Lieblingsgeschichte des Autors, die er erzählt:
Meine Lieblingsgeschichte handelt von einem Jungen, der nach einem schweren Sturm am Strand entlang läuft. Der Strand ist mit unzähligen Seesternen übersät. Der Junge geht von einem Seestern zum nächsten, hebt ihn auf und wirft ihn zurück in den Ozean. Ein Mann, der den Jungen beobachtet, geht zu ihm hin und sagt: „Was tust du hier? Das macht doch nicht den geringsten Unterschied. Es sind ganz einfach zu viele Seesterne.“
Der Junge fährt in dem, was er tut, unbeirrt fort. Er hebt einen weiteren Seestern auf und wirft ihn zurück ins Meer mit den Worten: Für den hat es einen Unterschied gemacht.“
Er bückt sich, hebt den nächsten Seestern auf, schleudert ihn ins Wasser zurück und sagt: „Und für den hat es auch einen Unterschied gemacht.“ Dann geht er weiter am Strand entlang…
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sehr gut getroffen!!! vor allem der bezug auch zu den großen problemen der welt… und wie der kleine junge in der geschichte es sagt, wer hilfe braucht, egal welcher art und egal ob groß oder klein, für den jenigen macht es immer einen unterschied, ob ihm geholfen wird oder nicht.
deine seite ist echt toll und birgt schon so viele „schätze“ in seinem archiv, die echt zum nachdenken anregen… weiter so!!
liebe grüße
susanne 🙂
Danke Susanne für deinen Kommentar und deine Anerkennung.
Und schön, dass du auch mein Archiv durchgestöbert und für dich „Schätze“ darin gefunden hast. So ist es gedacht. 🙂
Liebe Grüße, freue mich schon auf den nächsten Gedankenaustausch mit dir. 🙂